pi – Imhotep,
Hemon, Leon Battista Alberti / © 1979-2003 Franz Gnaedinger, fgn(a)bluemail.ch,
fg(a)seshat.ch, www.seshat.ch
Ein Verfahren der
Kreisberechnung, das ich der Schule von Imhotep zuschreibe, insbesondere Hemon,
dem mutmasslichen Architekten des Cheops, und welches Leon Battista Alberti
vier Millennien später wiederentdeckt haben mochte
Erlauben Sie mir, dass ich an dieser
Stelle eine frühere Version meines Verfahrens recycliere, weil es die
einfachste von allen ist (aus meinem Wettbewerbsbeitrag territoire imaginaire für die Expo.02):
An der Expo 64 (für mich ein grosses und
prägendes Erlebnis) konnte man auch die lustige Maschine HEUREKA von Jean Tinguely bestaunen (seither am Zürihorn in
Zürich zu sehen). Sie zeigt gleichsam das Räderwerk im Kopf des Herrn
Archimedes, welcher nach allgemeiner Auffassung als erster den Kreis
berechnete. Die erste systematische Kreisberechnung stammt indes aus dem frühen
Ägypten und darf der Schule von Imhotep zugeschrieben werden, insbesondere
Hemon, dem Baumeister von Snofru und seinem Sohn Cheops. Hier das Verfahren in
geraffter Form:
. . . . . d . . . . .
. . e . . . . . c . .
. f . . . . . . . b .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
g . . . . + . . . . a
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. h . . . . . . . l .
. . i . . . . . k . .
. . . . . j . . . . .
Ein Quadrat misst 10 mal 10 Ellen oder 70
mal 70 Handbreiten oder 280 mal 280 Fingerbreiten. Die Diagonalen messen
praktisch 99 Handbreiten. Die Punkte a-b-c-d-e-f- g-h-i-j-k-a markieren einen
Kreis. Die kurzen Bögen messen praktisch 40 Fingerbreiten, die längeren Bögen
messen praktisch 90 Fingerbreiten. Der Umfang misst praktisch 880 Fingerbreiten
oder 220 Handbreiten. Teilt man ihn durch den Durchmesser 280 Fingerbreiten
oder 70 Handbreiten, so erhält man den ausgezeichneten Näherungswert 22/7 für
Pi.
Die obige Figur basiert auf dem Heiligen
Dreieck 3-4-5 und ist der Schlüssel zu einem mathematischen Verfahren. Man
denke sich ein Quadratgitter, das 10 mal 10, 50 mal 50, 250 mal 250, 1250 mal
1250 ... immer feinere Quadrate zählt. Je feiner das Gitter, desto mehr Punkte
liegen auf dem Kreis. Die Enden der Achsen geben 4 Kreispunkte vor. 8, 16, 24,
32 ... weitere Kreispunkte werden von dieser Tripelfolge definiert:
3-4-5 15-20-25
75-100-125 375-500-625 ...
7-24-25 35-120-125
185-600-625 ...
44-117-125 220-585-625
...
336-527-625 ...
Kennt man ein Tripel a-b-c und möchte man
das Folgetripel finden, so berechne man die Terme
plus/minus 4b plus/minus 3a plus/minus 3b plus/minus 4a 5c
und wähle im Fall der plus/minus Terme die
positiven Resultate, die auf 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8 oder 9 enden (weder auf 0 noch
5). Verbindet man die Kreispunkte mit Geraden, so erhält man eine Folge
ungleichseitiger Polygone. Diese haben eine bemerkenswerte Eigenschaft: ihre
Seitenlängen sind ganzzahlige Vielfache der Quadratwurzeln von 2, 5 und 2x5.
Die Wurzeln von 2 und 5 lassen sich sehr einfach mit den beiden folgenden
Mustern approximieren. Man beginne mit 1 und 1, verdopple die erste Zahl und
addiere die Zahlenpaare. So verfahre man mit jeder Zeile:
1 1
2
2 3
4
5 7
10
12 17
24
29 41
58
70 99
140 und so weiter
Misst ein Quadrat 10 mal 10 Ellen oder 70
mal 70 Handbreiten, so messen die Diagonalen praktisch 99 Handbreiten.
Verwendet man den Faktor 5, so kann man die Zeilen periodisch um den Faktor 2
kürzen und erhält ein Wabenmuster:
1 1
5
2 6
10
1 3
5
4 8
20
2 4
10
1 2
5
3 7
15
10 22
50
5 11
25
16 36
80
8 18
40
4 9
20
13 29
65
42 94 210
21 47 105
68 152 340
34 76 170
17 38 85
55 123 275
178 398 890
89 199
445
288 644 1440
144 322 720
72 161 360
... ...
Misst ein Rechteck 72 mal 144 Ellen, so
misst seine Diagonale praktisch 161 Ellen. – Die Bogenstücke sind ein wenig
länger als die Polygonseiten. Dies lässt sich mit etwas zu grossen Werten für
die Quadratwurzeln 2 und 5 ausgleichen. Berechnet man das erste Polygon mit
10/7 und 9/4 und das zweite Polygon mit 17/12 und 9/4, so erhält man die
Näherungen 22/7 und 157/50 für Pi. Diese Werte und der ungefähre Mittelwert
311/99 gehören einer netten Zahlenfolge an. Man schreibe 3 über 1 und addiere
fortlaufend 22 über 7:
3 (plus 22)
25 47 69
... 157 ...
311 333 355
377
1 (plus
7) 8 15 22 ...
50 ... 99
106 113 120
[Ich habe das oben dargestellte Verfahren
der Kreisberechnung im Februar 1994 wiederentdeckt. Herr Dr. Christoph Pöppe
von der Uni Heidelberg hat seine Richtigkeit bewiesen. Inzwischen wurde es in
mehreren Zeitschriften und Büchern publiziert.]
Soweit meine konzise Darstellung des ägyptischen Verfahrens. Hier zur
Veranschaulichung ein paar Graphiken.
Schlüsselfigur; ein Gitter von 10 mal 10 Quadraten mit eingetragenen
Kreispunkten und eingezeichnetem Polygon:
Die Polygone auf Basis der Tripel 3-4-5, 7-24-25, 44-117-125,
336-527-625:
Die Ecken der Polygone kann man auch mit einem Strahl generieren, der
sich um den kleinen (oder grösseren) spitzen Winkel des Heiligen Dreiecks 3-4-5 dreht:
Leon Battista Alberti mochte das Verfahren um 1430 wiederentdeckt haben,
wobei er von der Tangens-Folge 1/2, 4/3, 11/2 (...) ausging, welche man in
kleinzahlige Gitter eintragen kann, und welche bei Verdoppelung die obigen
Tripelfolge 3-4-5, 7-24-25, 44-117-125 (...) ergibt. Gerhard Goebel und ich
schrieben einen gemeinsamen Artikel, worin es um ein raffiniertes Verfahren
kombinierter Masse geht, bei welchem die obige Methode der Kreisberechnung eine
Schlüsselrolle spielt, auch wenn sie nur knapp angedeutet wird: Gerhard Goebel, Polifilos Traum und das
System Polias, Mit einem Einschub und einem Anhang von Franz Gnaedinger,
2003, mit vielen grossformatigen Plänen Leon Battista Alberti, Hypnerotomachia Poliphili
Ein anderer Weg, um die Tripel-Folge zu generieren, wäre eine
Zahlensäule mit dem negativen Faktor minus
Vier:
Zeile 1) 1
1 -4
Zeile 2) 2
-3 -8
Zeile 3) -1 -11
4
Zeile 4) -12 -7
48
Zeile 5) -19 41
76
Zeile 6) 22 117
-88
Zeile 7) 139 29
-556
Zeile 8) 168 -527
-672
Man betrachte jede zweite Zeile, wähle die absoluten Werte der zweiten
und dritten Zahl, halbiere letztere, und ergänze die beiden Zahlen mit einer
Fünfer-Potenz:
Zeile 2) -3
-8 3 8
3 4 3-4-5
Zeile 4) -7
48 7 48 7
24 7-24-25
Zeile 6) 117
-88 117 88
117 44 44-117-125
Zeile 8) -527 -672
527 672 527 336 336-527-625
In meiner kurzen Darstellung des ägyptischen Verfahrens habe ich eine
hübsche Kleinigkeit ausgelassen. Wenn Sie die ersten beiden Zahlen jeder
zweiten Zeile betrachten, finden Sie die sog. Fibonacci-Folge 1, 1, 2, 3, 5, 8,
13, 21, 34, 55, 89, 144 ... und die sog. Lucas-Folge 1, 3, 4, 7, 11, 18, 29,
47, 76, 123, 199, 322 ... Wenn Sie die Lucas-Folge über die Fibonacci-Folge
schreiben, können Sie die Wurzel 5 sehr viel rascher annähern als mit der
Zahlensäule.