Das Oberengadin und Bergell vor 3'500 Jahren / © 2005/6 Franz Gnaedinger, www.seshat.ch, fg(a)seshat.ch, fgn(a)bluemail.ch, und Katharina von Salis (mehrere Aufnahmen)

 

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Ein astronomisches Observatorium

 

Die Engadiner Geologin Katharina von Salis, bis vor kurzem an der ETH lehrend, fotografierte drei Sommer lang auffällige Steine im Oberengadin und Bergell, so zum Beispiel einen grossen Block auf einer Kanzel an der Steilwand von Splüga (Maloja), oberhalb des alten Römerweges; die Schalensteine von Soglio, der Sonnenterrasse im Bergell; und einen menhirartigen grossen Block mit Holunderstrauch an der westlichen Flanke des Hügels Crest’Alta bei Surlej, wo sie eine frühe Sommersiedlung vermutet.

 

Frau Dr. von Salis fand meine Arbeit über Falera im Internet und kontaktierte mich via e-mail. Auf Ihre Anregung hin nahm ich mir den Hügel Crest’Alta im Dreieck von Silvaplana, Surlej und Champfèr vor, studierte seine Lage anhand der Schweizer Landeskarte Julierpass, 1:50'000, 1991, wie auch des Büchleins Oberengadin / Engiadin’Ota, Kümmerly+Frei, das den Hügel auf dem Cover zeigt, und fand eine erstaunliche Fülle astronomischer Bezüge dieses schön geformten und recht grossen Hügels zu den umstehenden Bergen:

 

CREST’ALTA, Höhe der Hügelkuppe 1903 m

 

NORDEN --- Piz Ot, Höhe des Gipfels 3246,4 m, Entfernung von der Hügelkuppe gut 8,5 km. Der genaue Norden läge ein Drittel Grad östlich vom Gipfel des Ot, weniger als die scheinbaren Durchmesser von Sonne und Mond, die je ungefähr ein halbes Grad ausmachen. Hier sehen Sie das Cover des oben genannten Büchleins, den Piz Ot als kleinen Gupf am fernen Horizont:  engiad01.GIF

 

SONNENAUFGANG 21. JUNI --- Il Corn, Höhe des Gipfels 3136 m, Entfernung 12 km. Der waagrechte Abstand auf meiner Karte misst 210 mm, der vertikale 117 mm, das ergibt eine Morgenweite (Winkel zwischen Osten und Berggipfel) von 29,124 Grad. Der Höhenunterschied beträgt 3136 – 1903 = 1233 m auf eine Distanz von 12 km, das entspricht einen Höhenwinkel von 5,866 Grad. Gemäss dem Buch Sterne und Steine, Eine praktische Astronomie der Vorzeit, von Wolfhard Schlosser und Jan Cerny, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1996, Diagramme auf Seite135, war die Morgenweite bei diesem Höhenwinkel in der fraglichen Zeit knapp 30 Grad, was mit dem geographischen Winkel von 29,12 Grad einhergeht.

 

WESTEN --- Die genaue Westrichtung wird vom Cuolm d’Mez markiert, Höhe 2983 m, Entfernung von der Hügelkuppe gut 3,8 km.

 

SONNENAUFGANG AM 21. MÄRZ UND 23. SEPTEMBER --- in der Senke zwischen dem Piz Surlej, Höhe 3188,4 m, und dem Piz San Gian, Höhe 3134 m, ein wenig nördlich von einem Gipfel, der auf meiner Karte keinen Namen trägt (möglicherweise zum Surlej gehörend), Höhe 3185 m. Entfernung von der Hügelkuppe 3,3 km, Berechnung der Morgenweite für die Äquinoktien anhand des obigen Buches, auf dieselbe Weise vorgenommen wie jene für das Sommer-Solstitium.

 

SÜDEN --- Der Süden wird vom Gipfel der Furtschellas markiert, Höhe 2932 m, Entfernung 6 km. Der genaue Süden liegt allerdings anderthalb Grad beziehungsweise drei Sonnen oder Monde östlich der Furtschellas. Wie ich später anhand meiner Aufnahmen und bei einem neuen Studium der Karte bemerkte, wird der genaue Süden vom Gipfel Curtinella markiert, Höhe 2500 m, ein wenig unter dem Horizont, Entfernung von der Hügelkuppe knapp 4 km.

 

Hier sehen Sie nocheinmal den Ausschnitt aus dem Cover des Wanderbüchleins, mit eingetragenen Richtungen (Perspektiven vom Hügel folgen später):  engiad02.GIF

 

 

 

Eine Arbeitsthese

 

In virtueller Zusammenarbeit mit Frau Prof. Dr. von Salis entwickelte ich eine Arbeitsthese. Ein gut organisierte Gruppe von sagen wir 150 bis 200 Bergeller Bauern mochte die Sommer im Oberengadin verbracht haben. Sie jagten Wild an der Klippe von Splüga, und fischten in einer flachen Bucht am Fuss des Hügels Crest’Alta, während die Hügelkuppe für astronomische und rituelle Zwecke dienen mochte. Ferner als Fluchtburg: in Zernez befindet sich eine Festung aus der Bronze- und Eisenzeit, also müssen hin und wieder bewaffnete Gruppen hier durchgezogen sein, sonst hätte es keiner Festung bedurft.

 

Am 2. November ging ich den Hügel Crest’Alta besichtigen, zudem Splüga bei Maloja (zur Gemeinde Maloja gehörend). Ich fand zwei Überraschungen: einen grossen Block am Aufweg zum Hügel, und vom Gletscher geschliffene Felsen mit sprechenden Formen auf der Hügelkuppe. Am 7. November war ich nocheinmal im Oberengadin. Ich durfte mit Herrn Georg Brunner mitfahren. Es war ein strahlend schöner Tag. Hier die ersten Aufnahmen des Hügels, vom Julier her kommend, 7. November, etwa um Zehn. Die Linien bezeichnen die Hügelkuppe, den Il Corn, den Cuolm d’Mez, und den Gipfel zwischen dem Piz Surlej und dem Piz San Gian / Piz Rosatsch:  engiad03.JPG  engiad03.JPG  engiad04.JPG  engiad05.JPG

 

 

 

Bergstein

 

Am Fuss des Hügels Crest’Alta steht ein grosser erratischer Block. Wenn er auf Fels ruhen sollte, und wenn er schon vor 3'500 Jahren hier stand (früher und nicht später den Moränenhügel heruntergeglitten war), so dürfte er wohl den Gottheiten der umliegenden Berge geweiht gewesen sein. Geht man um den Block herum, so ändert er seine Form, und zwar auf eine solche Weise, dass er sich den umstehenden Bergen, Gipfeln und Massiven angleicht.

 

Bild des Hügel Crest’Alta, vom Delta von Silvaplana her aufgenommen, am 2. November um halb Elf:  engiad06.JPG

 

Am südöstlichen Fuss des Hügel, neben dem Aufweg, steht der grosse erratische Block, hier von vorn aufgenommen, 2. November um halb Elf:  engiad07.JPG

 

Geht man um den Block herum, so ändert er seine Form und gleicht sich den Bergen des Hintergrundes an. Aufnahmen vom 2. November um halb Elf und gegen Eins:  engiad08.JPG  engiad09.JPG  engiad10.JPG  engiad11.JPG  engiad12.JPG  engiad13.JPG  engiad14.JPG  engiad15.JPG

 

Hier nocheinmal der Stein in der letzten Perspektive, Aufnahme vom 7. November, gegen Fünf. Die gelbe Linie markiert den Gipfel Curtinella, Höhe 2500 m, knapp unter dem Horizont, genauer Süden von der Hügelkuppe her. Gleich rechts neben dem runden Gipfel sehen Sie den kleinen Gupf der Furtschellas. Der graue Strich rechts davon markiert Süden vom Bergstein und Ort meiner Aufnahme her:  engiad16.JPG

 

Anblick des Bergsteines vom Südwesten her, Nachmittag des 7. November, gegen Vier. Aus diesem Blickwinkel nimmt der Block eine Hügelform an, mit einem Gupf als Kuppe:  engiad17.JPG

 

Der Block vom Hang her gesehen. Die Moorebene dürfte früher eine flache Bucht gewesen sein. Beachten Sie bitte die Kerbe des Blockes in der Mitte:  engiad18.JPG

 

Von oben her erweist sich die Kerbe als Doppelrinne:  engiad19.JPG

 

Kerbe und Doppelrinne hätten sich für ein Trankopfer eignen können. Ich denke an einen Alpen-Met aus Heidelbeer-Wein, Honig, und Frischkäse aus Ziegenmilch, vielleicht mit einer Zugabe von Kräutern.

 

Diesen Bergstein habe ich nur bemerkt, weil ich einen Monat vorher, am 4. Oktober, einen ganz ähnlichen Block in Olivone fand. Mehr in einem späteren Kapitel.

 

 

 

Kuppe des Hügels Crest’Alta

 

Hier sehen Sie ein Schema der Hügelkuppe, aus dem Gedächtnis gezeichnet, hellgrau die heutigen Wege, der Picnic-Platz, und die übrig gebliebene achteckige Plattform des vor rund hundert Jahren gebauten Restaurants, Durchmesser der Kuppe gut fünfzig Meter. Die Kuppe ist auf meiner schematischen Zeichnung kreisförmig geraten; sie ist eher elliptisch, länger in der ost-westlichen Richtung:  engiad20.GIF

 

Besteigt man den Hügel vom Südwesten her, so erblickt man auf der Kuppe als erstes einen grossen, vom Gletscher geschliffenen Fels, Nummer 1 und 2 im obigen Schema, auf meiner Zeichnung getrennt, in Wahrheit zusammengehörig. Fels Nummer 1 zeigt einen grossen, rund vier Meter langen Fisch, Fels Nummer 2 bildet einen Hügel:  engiad21.JPG

 

Hier sehen Sie den Kopf des Fisches aus der Nähe. Die lange gelbe Linie markiert den Nacken und die obere Linie des Kopfes. Diese Linie ist als lange Rille im Fels vorhanden, wohl eine Verwitterungslinie. Zwei flache Rillen bilden das Auge. Eine Delle in Form einer nach rechts geöffneten Parabel, mit kleinen gelben Punkten hervorgehoben, kann als Mund gelten:  engiad22.JPG

 

Vergleich des Fisches mit der Umrisszeichnung eines Lachses nach einem alten Stich. Im ersten Bild sehen Sie den Fels ohne nachgezogene Linien, im zweiten Bild mit nachgezogenen Linien, dem Relief des Steines und Schatten oder dunklen Adern oder Einsprengseln im Stein folgend:  engiad23.GIF  engiad24.GIF

 

Einzelne Aufnahmen des Fisches, Schwanz – Körper – Kopf, dann kombiniert:  engiad25.JPG  engiad26.JPG  engiad27.JPG  engiad28.JPG

 

Die Oberengadiner Seen gelten von alters her als Fischer-Paradies. Hier gibt es Bergforellen, Barsche und Seiblinge, wohl zu Fischereizwecken ausgesetzte Kanadische Forellen, und vor dem Bau von Kraftwerken an der Donau und am Inn gab es Lachse. Die jungen Lachse verbringen ein bis drei Jahre in den Gewässern, wo sie aus dem Laich geschlüpft waren, danach ziehen sie zum Meer, kehren ein paar Jahre später in die heimischen Gewässer zurück, welche sie nach Auskunft von Herrn Brunner am Geschmack des Wassers orten, nämlich an der spezifischen Zusammensetzung der im Wasser gelösten Minerale. Die heimkehrenden Lachse paaren sich von September bis Februar, die Weibchen legen die Eier in Kies und bedecken die Gelege. Die meisten erwachsenen Tiere sterben nach der Paarung; die anderen ziehen wieder ans Meer. Es muss viele Fische geben in den Oberengadiner Seen. An der Wand eines grossen Hauses im Zentrum von Silvaplana las ich den folgenden Spruch: LA PESCH ES PER TUOTS, MA TUOTS NU VÖGLAN LA PESCH Fisch ist für alle da, aber nicht alle mögen Fisch. Die Bergeller Bauern, welche die Sommer hier oben verbrachten, haben den Fisch sicher sehr geschätzt, und wohl als Wintervorrat an Sonne und Wind getrocknet. Für das Fischen hätte sich eine flache Bucht an der westlichen Flanke der Crest’Alta geeignet, wobei man den Eingang zu einer solchen seichten Bucht mit Steinen versperren und dann die Fische bequem mit Netzen an einer Rutenschlinge abschöpfen konnte. Weil ich ans Fischen dachte, habe ich den grossen Fisch auf der Hügelkuppe gesehen, wobei mir frisch gefallene Lärchennadeln zu Hilfe kamen, indem sie natürliche Rillen, auch sehr feine wie jene der Augen, füllten und auf diese Weise sichtbar machten. Die obigen Aufnahmen stammen vom Mittag des 2. November. Die folgende Aufnahme stammt vom Nachmittag des 7. November, zwischen Vier und Fünf. Der Mund des Fisches ist wegen des Abendlichtes ein wenig besser zu sehen:  engiad29.JPG

 

Es handelt sich beim grossen Fisch um ein natürliches Relief, das von den einstigen Fischern bemerkt und allenfalls ein wenig verstärkt worden war, so hätten man zum Beispiel die beiden Bögen des Auges als flache Rillen in den Stein schleifen können.

 

Hier nocheinmal der Kopf des Fisches, gross links unten, die Obere Rille des Auges dunkel, der untere Gegenbogen mit Lärchennadeln gefüllt, hinter dem Fisch gross der Fels Nummer 2, am Mittag des 2. November aufgenommen:  engiad30.JPG

 

Die breite Fläche des Felsens Nummer 2 hätte sich als Bank für die Beobachtung des Himmels empfohlen:  engiad31.JPG  engiad32.JPG

 

Auf der Kuppe des Felsens befindet sich eine dreieckige Schale. Es mag sich um eine von Natur angelegte Schale handeln, doch zwei der Kanten scheinen mir künstlich nachgezogen zu sein:  engiad33.JPG  engiad34.JPG  engiad35.JPG

 

Fels Nummer 2 von der Mitte der Kuppe aus gesehen:  engiad36.JPG

 

Beim runden Fels Nummer 2 dachte ich an einen Mondfelsen. Nach Marie E.P. König war Drei die Zahl des Mondes, die drei Phasen zunehmender Mond, voller (runder) Mond, und abnehmender Mond bezeichnend. Das würde die dreieckige Schale erklären. In einem E-mail erklärte ich Frau Dr. von Salis, dass derselbe Fels wegen seiner runden Form auch der Erdgöttin geweiht gewesen sein könnte, welche alles Leben hervorbrachte, also auch das Wild und die Fische, welche die Bergeller Bauern, Jäger und Fischer hier oben vorfanden. Hierauf machte sie eine Aufnahme des Felsens mit der dreieckigen Schale. Eine wunderbare Aufnahme, welche die Felskuppe wirklich als gewölbten Bauch einer schwangeren Frau zeigt, mit der Schale als Nabel (wenn auch Beine fehlen, die natürliche Skulptur wäre ein pars pro toto, wie in der frühen Bildnerei geläufig):  engiad37.JPG

 

Blick von Fels Nummer 2 auf die Mitte der Hügelkuppe, Fels 3, und auf die Gegenseite, Fels 4:  engiad38.JPG

 

Fels Nummer 3 von der Seite. Auch dieser Fels ist eine lange Bank, die sich zum Beobachten des Himmels und der Gestirne eignete. Links dahinter sehen Sie ein Stück des höchsten Felsens, Nummer 4:  engiad39.JPG

 

Der Hügel ist von vielen Lärchen bestanden. Würde man die Kuppe roden, so sähe man von Fels Nummer 4 aus in Richtung auf den Sonnenaufgang im Mitsommer. Er bietet eine natürliche Rundbank zum Beobachten des Ereignisses an. Obenauf befindet sich eine wohl natürlich ausgebrochene Schale in Form eines Viereckes mit stumpfem Winkel. Die geneigte Schale über dem recht steilen Hang der Hügelkuppe hätte sich zur Aufnahme eines Dankopfers empfohlen. Ich denke an ein Stück getrocknetes Wildfleisch. Aufnahmen vom Mittag des 2. November, jene der Schale aus der Nähe vom Nachmittag des 7. November um Vier:  engiad40.JPG  engiad41.JPG  engiad42.JPG  engiad43.JPG

 

Fels Nummer 5 bildet eine lange Bank gegen Westen hin. Auf dieser Bank hätte man den Sonnenaufgang am 21. März und 23. September beobachten können:  engiad44.JPG

 

 

 

Zwischenplateau des Hügels Crest’Alta

 

Östlich von der Hügelkuppe führt der Weg nach unten zu einem Zwischenplateau mit erstaunlich mildem Mikroklima – am 2. November sah ich hier zwei frische Margeriten blühen. Von der Hügelkuppe aus kann man die Berge wegen der vielen Bäume kaum sehen, aber am Rand des Zwischenplateaus, über der westlichen Klippe, gibt es ein paar Stellen mit freiem Blick. Hier die Sicht auf den Gipfel Il Corn in Form einer Pyramide:  engiad45.JPG

 

Hier ein vergrösserter und abgedunkelter Ausschnitt aus einer weiteren Aufnahme von derselben Stelle aus. Der gelbe Strich bezeichnet den Gipfel Il Corn. Rechts davon sehen Sie den runden Hang des Rosatsch:  engiad46.JPG

 

Nach meiner Berechnung sollte die Sonne in der Bronzezeit bis um den 8. Mai am Hang des Rosatsch aufgegangen sein, danach nördlich vom Rosatsch, über den Gipfeln des ferneren Horizontes, am 21. Juni über dem Il Corn. Danach würde der Sonnenaufgang erst sehr langsam, dann mit zunehmender Geschwindigkeit nach rechts gewandert sein und Ende Juli den Rosatsch erreicht haben. Das war ein wichtiges Datum des keltischen und vorkeltischen Kalenders: Lugnasad, dem Lichtgott Lug geweiht, um den 1. August. An diesem Tag feiern wir die Schweiz mit Höhenfeuern und allerlei Feuerwerk … Von der Hügelkuppe aus würde man etwas weiter über den Grat des Rosatsch sehen. Nach meiner Berechnung würde die Periode, in welcher die Sonne nördlich vom Rosatsch aufgegangen wäre, gegen neunzig Tage betragen. 89 Tage wären drei Lunationen.

 

Mit Lunation bezeichnet man die Dauer von einer beliebigen Mondphase bis zur Wiederkehr derselben Phase, beispielsweise von einem Vollmond zum nächsten Vollmond: 29 Tage 12 Stunden 44 Minuten 2,9 Sekunden (moderner Wert von 1989). Kürzere Folgen von Lunationen kann man mit einem einfachen Algorithmus in ganze Tage oder Nächte umrechnen: 30 29 30 29 30 29 30 29 30 29 30 29 30 29 30 29 30 … Addiert man die Zahlen, so erhält man: 30 59 89 118 148 177 207 236 266 295 325 354 384 413 443 472 502 … Tage oder Nächte, Diesen Algorithmus habe ich in Zusammenhang mit Avebury wiederentdeckt, habe jedoch inzwischen Grund für die Annahme, dass er sehr viel älter ist und weit ins Paläolithikum zurückgeht. Alle obigen Werte repräsentieren die beste Rundung der gebrochenen Werte auf ganze Zahlen. Bestes Ergebnis: 502 Tage oder Nächte für 17 Lunationen, genauer Wert 502,020015… Tage oder Nächte.

 

Drei Lunationen dauern 88,5917… oder aufgerundet 89 Tage. Dies wäre die Periode, während welcher, von der Hügelkuppe aus gesehen, die Sonne nördlich vom Rosatsch aufgegangen wäre, und wäre ein weiterer Anlass für die Deutung der dreieckigen Schale auf dem Mondfels, Nabel der Göttin: drei Lunationen, drei Ecken.

 

Hier sehen Sie vom Zwischenplateau nach Westen. Der gelbe Strich gibt den Gipfel zwischen dem Piz Surlej (frei) und dem Piz San Gian und dem Piz Rosatsch (hinter der Lärche) an. Ein wenig links (nördlich) vom gelben Strich wäre die Sonne am 21. März und 23. September aufgegangen:  engiad47.JPG

 

 

 

Ebene von Surlej, an der östlichen Flanke des Hügels Crest’Alta

 

Hier sehen Sie an die östlichen Berge über Surlej, von der Ebene her. Die gelben Striche markieren den Cuolm d’Mez (wenn ich es richtig sehe), Westen von der Hügelkuppe aus, überdies den Gipfel zwischen dem Piz Surlej und dem Piz San Gion: ein wenig nördlich von diesem Gipfel wäre die Sonne, von der Hügelkuppe aus gesehen, am 21. März und 23. September aufgegangen. Gipfel im rosa Schein der untergehenden Sonne, am 7 November gegen Fünf:  engiad48.JPG

 

Steigt man vom Hügel in Richtung Surlej ab, so gelangt man zu einer mit grossen Blöcken und Wasser gefüllten Senke. Danach in eine Ebene, wo Frau Dr. von Salis ein grosser menhirförmiger Stein mit Holunderstrauch auffiel. In dieser Gegend liegen viele grosse Blöcke, welche von der westlichen Flanke des Hügels abgebrochen waren und als Steinbruch dienten, so für den Bau des Schlosses bei Surlej, am Ufer des Silvaplaner Sees. Beim Holunderstein vermutet Frau Dr. Salis eine bronzezeitliche Siedlung. Von der leicht erhöhten Ebene gelangt man zu einem Moor und dem kleinen Binnensee Lej Ovis-chel, Rest einer früher nach Surlej reichenden flachen Bucht. Am schmalen Bach, welcher aus dem Binnensee in den Silvaplaner See führt, gibt es eine Furt, bestehend aus ein paar Steinen an jedem Ufer. Eine Engstelle, die auch zum Absperren des Baches geeignet wäre. Auf solche Weise mochte man früher eine flache Bucht sperren und anschliessend mit Netzen die Fische aus dem seichten Wasser heben:  engiad49.JPG

 

Blick auf den Silvaplaner-See, aufgenommen bei der Brücke zwischen Surlej und Silvaplana, am 7 November um Fünf:  engiad50.JPG

 

 

 

Silvaplana

 

Ein Weg führt an der westlichen Flanke des Hügels Crest’Alta lang. Der Hügel ist hier sehr steil und felsig. Ich ging nur ein kurzes Stück. Hier eine Aufnahme gegen den imposanten Piz da la Margna, rechts die ersten Häuser von Silvaplana beim Delta des vom Julier kommenden Flusses Ova dal Vallun, 2. November gegen Eins:  engiad51.JPG

 

Panaroma von Silvaplana, aufgenommen zwischen der Post (La Posta) und dem Gemeindehaus (Chesa Cumünela), aus fünf Aufnahmen kombiniert, 2. November um Eins. Die gelbe Linie gibt an, wo die Sonne um den 21. Juni aufgehen sollte:  engiad52.JPG

 

 

 

Splüga

 

Blick auf den Silsersee mit dem markanten Hügel Sasc da Corn über Plaun da Lej, Morgen des 7. November, um Zehn:  engiad53.JPG

 

Blick von Maloja her auf den Silsersee, links der Sasc da Corn, in der Mitte, klein, die Crest’Alta von Silvaplana-Surlej, Morgen des 7. November:  engiad54.JPG

 

Klippe von Splüga, rund 700 m lang, nach Osten hin ansteigend, rechts der Sasc da Corn (Eckfels), aufgenommen am Weg von Maloja nach Isola, Morgen des 7. November: engiad55.JPG

 

Klippe von Splüga, Sasc da Corn, „Heidi-Dorf“ Grevasalvas, Blick über den See vom späten Morgen des 7. November:  engiad56.JPG

 

Am Steilhang von Splüga, zur Gemeinde von Maloja gehörend. Auf der Kanzel über dem See, oberhalb des einstigen Römerweges, steht ein grosser Block, der Frau Dr. von Salis besonderen Eindruck macht:  engiad57.JPG

 

Die Jäger der Bronzezeit gingen auf über 2000 m Höhe jagen. Wild war damals besonders begehrt. Eine alte Jagdtechnik bestand im Treiben einer Herde über eine Klippe. Die lange Steilwand von Splüga hätte sich für eine solche Treibjagd geeignet. Es war aber ein gefährliches Treiben. Dafür musste man den Schutz der Berggötter anflehen. Auf der steilen Wiese von Splüga stehen viele Blöcke, der eindrücklichste gewiss der grosse, über drei Meter hohe Block mit kleinem Gupf auf der Kanzel, über dem alten Römerweg und See. Dieser Block hätte wohl den Berggott repräsentieren können, den man um Schutz anflehte. Nach erfolgreicher Jagd hätte man die Tiere ausgenommen, und das Fleisch getrocknet, allenfalls auf dem Sasc da Corn, oder einem kleineren Hügel westlich davon, beim heutigen Dorf Buaira. Das getrocknete Fleisch hätte man als Vorrat für den Winter brauchen können, oder, wahrscheinlicher, als Einsatz für den Tauschhandel. Nach Einführung der Viehhaltung ging der Anteil von Wild am Fleisch auf zehn Prozent zurück. Es gab jedoch Ausnahmen. Wild von den Bergen war begehrt, ebenso Lachs, und wohl auch Bergforellen. So hätte sich ein Sommeraufenthalt im schönen Oberengadin sehr wohl gelohnt.

 

Ich schreibe meinen Bericht am 12 November. Gestern abend vernahm ich erst am Tessiner, dann am welschen Radio von einem bedeutenden archäologischen Fund oberhalb von Lenk im Berner-Oberland, bestehend aus steinernen Pfeilspitzen und dem Stück einer Lederhose, das Einblick in die Verarbeitung von Leder in neolithischer Zeit geben soll. Die Leute von Lenk seien schon vor 6'000 Jahren über den Rawilpass (2429 m) in Wallis und über weitere Pässe nach Oberitalien gelangt. Ist es verwegen anzunehmen, dass auch der niedere Malojapass (1815 m) in früher Zeit begangen worden war?

 

Nocheinmal der Blick auf den grossen Block von Splüga. Der Stein hat einen Gupf, der an Berge denken lässt (hier kaum zu sehen), aber auch an eine Kapuze, also einen Menschen, mithin eine Personifikation des Berggottes, wenn auch als ready made, als eine von Natur vorgegebene Form. In meiner Aufnahme sehen Sie über dem Block den mächtigen Piz Corvatsch, und auf der Verbindungslinie die Kuppe des Hügels oberhalb der Alp Güvè zwischen Fex und dem Val Fedoz. Dieser Hügel hätte als Relais zwischen Splüga und Surlej dienen können:  engiad57.JPG

 

 

 

Maloja

 

In Maloja, am Weg nach Isola, steht eine Gruppe grosser Felsen. Hier fand Georg Brunner eine Inschrift, welche vom Bündner Kantonsarchäologen Jürg Rageth als etruskisch (lepontinisch?) interpretiert wird. Geht man an den Felsen vorbei zum See hinab, so findet sich, unter einem vorspringenden Fels, eine Ansammlung von in den weichen überhängenden Stein geschliffenen Schalen:  engiad58.JPG

 

Georg Brunner glaubt in diesen ungewöhnlichen, nämlich umgekehrten Schalen (Boden nach oben, hier kann man nichts hineinlegen) einen Verweis auf den Himmel zu sehen. In der Romandie habe ich zahlreiche Schalensteine an den nördlichen Ufern der Seen aufgesucht. In dieser Region, so glaube ich, dienten Schalen der Verehrung von Toten. Man mochte Getreidekörner hineinlegen, worauf die amphibische Göttin des Lebens die Seelen würdiger Verstorbener über die Perseiden und andere Meteorströme als neue Sterne in den Himmel eingehen liess (mein Interpretation). Nach Ulrich und Greti Büchi haben die Schalensteine in der Surselva eine astronomische Bedeutung. Meiner Meinung nach können die beiden Aspekte wohl zusammengehen, wenn man die frühe Astronomie als „Kartierung“ der in den Himmel eingegangenen Seelen der Vorfahren auffasst.

 

Nehmen wir an, dass runde Schalen für den Totenkult eine Rolle spielten, so könnten die Schalen von Maloja, die Georg Brunner entdeckte, jene frühen Bauern, Fischer und Jäger ehren, welche in dieser Höhe den Tod fanden.

 

 

 

Schöne Orte

 

Am 7. November durfte ich wie gesagt mit Herrn Georg Brunner ins Oberengadin fahren. Wir passierten Savognin kurz vor dem lokalen Sonnenaufgang. Auf dem Hügel Padnal stand eine bronzezeitliche Siedlung, welche um 1400 BC vereinzelte Kontakte nach Süden hatte (Befund Jürg Rageth). Hier sehen Sie den Padnal in der rechten Bildmitte, mit winzigen gelben Quadraten markiert:  engiad59.JPG

 

Blick auf die andere Seite. Über dem Horizont erhob sich ein mächtiger Schattenberg, eine von der Sonne an den Wolkenhimmel projizierte Bergspitze (nach Georg Brunner gibt es eine ähnlich Erscheinung im Valcamonica, wo sie als mystisches Phänomen galt):  engiad60.JPG  engiad61.JPG

 

Mir gefiel besonders der schöne weite Kessel von Savognin. Früher war die Schweiz dünn besiedelt. Wer hier lebte, konnte sich die schönsten Orte aussuchen. Sollten diese Menschen die besondere, von Dichtern besungene Schönheit des Oberengadins übersehen haben? Georg Brunner stellte zu meiner Freude dieselbe Frage wie ich: Kann es denn sein, dass die Menschen die Schönheit dieser Gegend übersahen?

 

 

 

Olivone im Valle di Blenio

 

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Am 4. Oktober ging ich auf Prospektion in Olivone, vom 12. bis 16, Oktober war ich mit meinem Bruder Steve in Olivone und weiteren Orten im Bleniotal. Beide Aufenthalte waren von Steve ermöglicht, wofür an dieser Stelle nocheinmal herzlich gedankt sei.

 

Das untere Bleniotal endet bei Dongio, das obere beginnt bei Corzoneso Piano. Vom eigentlichen Corzoneso auf dem Plateau am westlichen Hang aus hat man einen wunderschönen Blick auf den Pizzo Sosto, welcher bei Olivone steht und das obere Bleniotal dominiert. Ausserdem sieht man auf den Hügel Grumascio, rechts im Bild. Die Aufnahme stammt von der Kuppe eines kleinen Hügels nördlich der hübschen Kirche von Corzoneso (hier nicht zu sehen). Der gelbe Strich gibt Norden an, zugleich den Eingang zum Passo della Greina (bei Nacht genau unter dem Polarstern):  blenio03.JPG

 

Blick auf Olivone und den Sosto, vom Höhenweg nördlich von Largario, gegenüber von Aquila, Mitte Oktober:  blenio04.JPG

 

Olivone war meiner Meinung nach das südliche Portal einer bronzezeitlichen Alpentransversale, welche von Falera über den Pass Diesrut und den Passo della Greina führte. Auf der Wiese Rodair in Olivone, östlich vom Brenno, steht ein Menhir, dessen westliche Flanke mit jener des Sosto einhergeht:  blenio05.JPG  blenio06.JPG

 

Blick nach Süden, auf den Brenno, darüber die Wiese Rodair:  blenio07.JPG

 

Zwischen dem Sosto rechts und dem Toira links befindet sich eine rund einen Kilometer lange Schlucht mit grossen Steinbrocken, die man mit Baumstämmen gangbar machen konnte. Aber das Begehen dieser Schlucht war doch ein gewagtes Unternehmen, wie auch das Queren der Alpen insgesamt, so dass man wohl die Hilfe der Berggötter in Anspruch nahm. Dies hätte weiter südlich auf derselben Wiese stattfinden können, wo drei grosse erratische Blöcke in einer Reihe übereinander stehen. Vom untern Block aus hätte man das schönste Panaroma, allerdings wird der Blick teilweise von Bäumen verdeckt. Auf dem mittleren Block steht ein Trog. Mit dem obersten Block hat es eine besondere Bewandtnis, von der gleich die Rede sein soll:  blenio08.JPG

 

Geht man um den obersten Block herum, so ändert er seine Form: in solcher Weise dass er, aus fünf Blickwinkeln gesehen, die Form des Berges, Gipfels oder Massives dahinter annimmt. Bilder im Uhrzeigersinn, angefangen beim Sosto, endend beim Toira und Sosto. Am Morgen beobachtet man ein eigenartiges Phänomen. Die ersten Sonnenstrahlen auf den Sosto erhellen ein grosses Auge, bestehend aus der geneigten runden Fläche des Gipfels mit einem schattenwerfenden Fels als Pupille:  blenio09.JPG  blenio10.JPG  blenio11.JPG  blenio12.JPG  blenio13.JPG  blenio14.JPG  blenio15.JPG  blenio16.JPG  blenio17.JPG  blenio18.JPG

 

Blick von oben auf den Block. Gegen Süden hin bildet er eine Doppelrinne, die zur Aufnahme eines Trankopfers dienen mochte:  blenio36.JPG

 

Blick vom Eingang in die Schlucht auf Olivone, Menhirwiese links, der Hügel von Sina rechts. Wiese und Hügel dominieren das Tal. Von ihnen aus hätte man den Verkehr im Tal kontrollieren können, und der Hügel hätte Schutz geboten:  blenio24.JPG

 

Sie werden wohl die Parallelen zwischen den erratischen Blöcken von Olivone und Surlej bemerkt haben. Es gibt noch eine weitere. Der Name Olivone soll sich von Rivöi herleiten, Italienisch rive, Ufer. In Olivone soll sich in tempi remoti ein See befunden haben, von dem im Mittelalter ein Fluss-See in der Form eines Y übrig geblieben sein dürfte, gespiesen vom Brenno di Lucomagno und dem Brenno della Greina. In der Bronzezeit wäre der Wasserspiegel höher gewesen, so dass der erratische Block, der sich den umstehenden Bergen angleicht, über einer Wasserfläche stand, ebenso wie der Block am Aufweg zur Crest’Alta bei Surlej (Surlej heisst über dem See). Beide Blöcke haben eine Doppelrinne zur Aufnahme eines Trankopfers. Man müsste allerdings klären, ob die Blöcke in der fraglichen Zeit an derselben Stelle standen wie heute, und nicht etwa in der Zwischenzeit die Hänge hinuntergerutscht waren. Sollten sie vor rund 3'500 Jahren an denselben Stellen gestanden sein wie heute, so würde das Formenspiel der beiden Blöcke, die sich den umstehenden Bergen angleichen, und die Doppelrinnen zur Aufnahme von Trankopfern, auf eine analoge südalpine Kultur verweisen.

 

 

 

Falera

 

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Der Geologe Ulrich Büchi und seine Frau Greti Büchi haben in jahrzehntelanger Arbeit die Schalensteine der Surselva und Menhire von Falera erforscht. Hier sehen Sie den grossen Menhir von Falera, mit Blick auf den Calanda, rechts ginge es nach Chur:  falera09.JPG

 

Die astronomischen Daten, welche die Büchis von den Steinen ablasen, gehen mit einem Kalendersystem zusammen, das ich für die Vogelgöttin vom Balkan ermittelte, und das sich auf die berühmte Bronzescheibe an einer langen Nadel von Falera (im der schönen archäologischen Sammlung des Museums von Chur aufbewahrt) übertragen lässt:  kirike30.GIF  kirike31.GIF  kirike32.GIF  kirike33.GIF  kirike34.GIF  menhr023.GIF  falera01.JPG  falera02.JPG  falera.GIF

 

Interessanterweise kann man denselben Kalender wie auf der Bronzescheibe von Falera auf die frühere Goldplakette von Bush Barrow projizieren. Das Prinzip der Folge Innen-Aussen-Innen bewährt sich überdies im Fall von Stonehenge 3ii (siehe meine Arbeit über Falera im Web):  falerat1.GIF  faleras1.GIF  faleras2.GIF  faleras3.GIF  faleras4.GIF  faleras5.GIF

 

Der Kalender von Bush Barrow / Falera dürfte auch in Savognin (Padnal) und im Oberengadin (Crest’Alta) in Gebrauch gewesen sein.

 

 

 

Ein Heiligtum der Grossen Göttin

 

Das Ensemble von Felsen auf der Kuppe des Hügels Crest’Alta im Dreieck von Silvaplana, Surlej und Champfèr hätte wohl ein Heiligtum der Grossen Göttin sein können, welche immer zugleich die Erde, mithin auch den Fels als dichte mineralische Form, das Wasser, Lebenselement, und den Himmel, Quelle des Lichtes, vereinigte. Alle drei Elemente wären in der dreieckigen Schale des Felsens Nummer 2 meines Schemas gegeben: der Fels als irdisches Element; Regenwasser in der Schale; und das Licht des Himmels, welcher sich an der Oberfläche des Wasser in der Schale spiegelt.

 

Die Göttin wäre angerufen worden als jene, welche das Leben hervorbringt --- hier insbesondere Fische, welche in seichten Buchten gefangen worden wären, und Steinwild, das über die Klippen getrieben worden wäre. Steinböcke und Gemsen stehen für Tiere der Erde, Fische für Tiere des Wassers, Vögel für Tiere des Himmels. Wir dürfen wohl annehmen, dass die frühen Jäger auch Vögel erlegten, insbesondere Wasservögel.

 

Die Dreizahl der Schale würde also Erde - Wasser - Himmel symbolisieren, zudem Steinwild - Fische - Vögel, die Beute jener Fischer und Jäger, welche sich am Ende der frühen oder Beginn der mittleren Bronzezeit in diese Höhen gewagt haben sollten.

 

Die Göttin bringt auch die Gestirne hervor. Also wäre deren Studium ihr geweiht gewesen. Der Reichtum astronomischer Bezüge der Kuppe von Crest’Alta kann jenen Menschen kaum entgangen sein.

 

Die Dreizahl der Schale hätte eine weitere symbolische Bedeutung im Hinblick auf den Mond. Marie E. P. König versteht die Drei als Zahl des Mondes: wegen der drei Phasen zunehmender Mond, voller oder runder Mond, abnehmender Mond.

 

Auf der Kuppe von Crest’Alta wäre die Dreizahl noch in einem weiteren Sinne dem Mond zuzuordnen: die Periode, in welcher die Sonne nördlich vom Rosatsch aufging, dauerte nach meiner Berechnung 3 Lunationen (rund 89 Tage oder Nächte).

 

Die viereckige, von Natur geschaffene Schale auf dem höchsten Fels, der Bank zum Aufgang der Sonne im Sommer, hätte zur Aufnahme einer Opfergabe in Form eines Stückes getrockneten Wildfleischs gedient.

 

Die Göttin mag ihren Segen auf das Zwischenplateau und die Ebene von Surlej ausgedehnt haben. Beide kämen für eine Sommersiedlung in Frage.

 

Die Göttin wäre zum einen als Schutzgöttin angerufen worden, zum anderen als jene, welche das Leben hervorbringt = immer neue Herden von Wild auf die Berge, immer neue Schwärme von Fischen in die Seen schickt. Wenn es notwendig war, die Göttin in solchem Sinne anzurufen, so könnte dies auf eine übermässige Ausbeutung der Wild- und Fischbestände hinweisen.

 

Ein anderer Aspekt wären die Mineralwasser im Engadin. Jene des Unterengadins sollen besonders heilkräftig sein. Die frühen Menschen beobachteten, wo Hirsche tranken, und haben gern dieselben Quellen aufgesucht. In St. Moritz befindet sich eine schon in der Bronzezeit gefasste Quelle, dendrochronologisch bestimmtes Alter 1466/67 BC, Weihegaben ein fragmentiertes Bronzeschwert, zwei ganze Bronzeschwerter, ein Bronzedolch und eine bronzene Fibel. In der Gegend zwischen Surlej und der Crest’Alta gäbe es eine allerdings nicht gefasste Mineralquelle (Mitteilung von Salis).

 

Es wäre eine Kultur gewesen, die mit jenem auskam, was die Menschen vorfanden. Das hat für mich immer den Reiz der Alpen ausgemacht: man ist in der Natur, und fühlt sich doch geborgen und daheim, weil die Bergler so einen klugen Nutzen von dem machten, was sie vorfanden. Man muss gar nicht viel hinstellen, man kann einfach verwenden, was gegeben ist. Wenn man es sieht und zu schätzen weiss … (ein Wink an die Gemeinderäte im Engadin).

 

In Falera brauchte man Menhire, im Oberengadin hat man ein reich gegliedertes astronomisches Panaroma von Bergen. Es gibt und gab reichlich Fisch, flache Buchten wo man bequem fischen konnte. Es gibt und gab Steinwild, und Klippen worüber man die Herden nach alter Weise treiben konnte. Es gibt und gab Sonne und Wind zum Trocknen der Fische und des Fleisches. Es gab Felsen mit sprechenden Formen, die sich als Heiligtum der Lebensgöttin eigneten --- Herrscherin über Erde, Wasser und Himmel, welche die Menschen mit Steinböcken, Gemsen, Fischen und Vögeln versorgte. Es gab sogar einen Fels, der einem Fisch glich. Ein anderer Felsen evozierte den Mond. Ein grosser Block auf Aufweg zum Hügel nahm gleichsam die Formen der umstehenden Berge in sich auf (wenn er denn vor 3'500 Jahren schon da gestanden haben sollte). Es war alles da, man musste gar nicht viel dazu tun. Damals war es warm und trocken, die Waldgrenze lag höher, also gab es auch genug Holz zum Bau von Sommerhütten, für Feuer, sowie für Dreibeine und Stangen, an welchen Fisch und Fleisch getrocknet werden konnten.

 

Das alles heisst auch: eine Kultur, welche das Gegebene verwendete, hat wenig hinterlassen. Wir können kaum mit viel Funden rechnen. Aber wenn die Crest’Alta im Sommer besiedelt war, so könnte doch das eine oder andere zum Vorschein kommen, sei es auf der Kuppe, dem Zwischenplateau, oder beim Holunderstein in der leicht erhöhten Ebene von Surlej, welche Frau Dr. von Salis favorisiert. Hier sei auch ein recht mildes Klima vorzufinden.

 

Nocheinmal zur dreieckigen Schale auf dem Felsen Nummer 2 auf der Kuppe des Hügels Crest’Alta. Die Zahl Drei war auch die Zahl der Göttin in früher Zeit. Wir kennen die dreigestaltige Göttin aus dem paläolithischen Abri Bourdois bei Angles-sur-l’Anglin (s. Marie E.P. König, Unsere Vergangenheit ist älter, Höhlenkult Alt-Europas, Fischer Verlag Frankfurt am Main / Ex Libris Zürich 1980), und aus der keltischer Zeit (s. Barry Cunliffe, Die Kelten und ihre Geschichte, Lübbe 1980). Die dreieckige Schale wäre auch in diesem Sinne als Symbol der Göttin zu verstehen. Wenn diese für das Steinwild, für Fische und Vögel zuständig war, und wenn Fische mit Surlej an der westlichen Flanke des Hügels Crest’Alta, und wenn Steinwild mit der Klippe von Splüga verbunden werden können, so dürfen wir bei den Vögeln an den Hügel über der Alp Güvè zwischen Fex und dem Val Fedoz denken. Diese drei Orte bilden geographisch ein langes Dreieck, mit dem wohl einst vereinigten Silvaplaner-Silser-See als gefüllter Schale:  engiad62.GIF

 

In der Gegend von Splüga bis Grevasalvas, möglicherweise auf dem Sasc da Corn, dürfen wir vielleicht eine Repräsentation eines Steinbocks oder einer Gemse erwarten – sei es ein Relief, oder ein Fels oder eine Felsgruppe, und auf dem Hügel über der Alp Güvè ein Relief eines Vogels. Es könnte auch sein, dass der Querschnitt eines Tales – Fex oder Fedoz – als Vogel angesehen worden war, mit den seitlichen Hängen als V-förmigen Schwingen, worüber der Sonnenvogel geflogen wäre. Es gibt Anzeichen für eine solche Symbolik, aber für den Moment sage ich nicht mehr, warte erst auf eine Publikation, die hoffentlich nächsten Mai erfolgen soll.

 

 

 

Mondgöttin; Vogel und Gemse; Schalenstein von Buaira

 

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Der Fels Nummer 2 in meinem Schema der Kuppe des Hügels Crest’Alta im Dreieck von Silvaplana, Surlej und Champfèr wäre der Mondfelsen (meine erste Interpretation), aber auch eine Repräsentation der Grossen Göttin (meine zweite Interpretation). Beides geht wohl zusammen, beispielsweise in der Kalkfigur von Grimes Graves, Norfolk, England, die ich als Mondgöttin ansehe:  grimes.JPG

 

Nach Marie E.P. König, Unsere Vergangenheit ist älter (op.cit.) gehen Mond und Göttin sehr wohl zusammen: Das Dreieck ist unvergänglich. Es ist bereits in den jungpaläolithischen Kulthöhlen als Zeichen der Lunarsymbolik zu finden, steht noch auf der Stirn der lunarsymbolischen Sternbilder im Orient und brachte als „Schossdreieck“ den Bezug der weiblichen Figuren zum Mond. Hier wäre das Dreieck der Schale als Nabel zu sehen. Ich möchte auch auf den Il Corn verweisen, der ein markantes Dreieck bildet und gleichsam die Mitsommer-Sonne hervorbringt (nach altem Glauben durchquerte die Sonne bei Nacht die Erde und wurde am Morgen aus einer Höhle „geboren“).

 

Ein möglicher Kandidat für den Vogel über dem westlichen Ufer des Silvaplaner Sees könnte im Sommer an der Margneta („Armlehne“ des Piz da la Margna) zu sehen sein: ein vorspringender Fels in der ungefähren Gestalt eines aufsteigenden Adlers mit weiten Schwingen. Noch ein ready made. Ich fand es auf einer Aufnahme in meinem Wanderbüchlein und auf zwei Postkarten, jedesmal Bilder vom frühen Sommer vorstellend (nicht aber auf meiner Aufnahme vom November, da liegt schon zu viel Schnee auf dem Berg):  engiad63.GIF  engiad64.GIF

 

Die bronzezeitlichen Fischer und Jäger hatten gute Augen. Ein huschender Schatten, ein charakteristisches Detail, und schon sahen sie das Tier.

 

Man sieht was man weiss meinte Goethe. Manchmal sieht man auch dasjenige, von dem man sich zuvor eine klare Vorstellung gemacht hat. So geht es mir bei sprechenden Formen in Stein. Ich finde sie, weil ich nach ihnen ausschaue.

 

An der Steilwand des westlichen Ufers des Silvaplaner- und Silsersees erwarte ich Reliefs oder grössere Felsformationen, welche an Steinböcke oder Gemsen denken lassen. Vielleicht gab es solche an der Steilwand von Splüga, wo allerdings viele vorspringende Felsstücke abbrachen. Die folgende Aufnahme zeigt die Klippe von Splüga am Mittag des 7. November um Eins, über den See bei Maloja. In den Rüfen rechts der Bildmitte kann man mit viel Phantasie den langgestreckten Körper, die gebogenen Vorderläufe und kurzen geraden Hinterläufe einer Gemse erkennen (nach links oben orientiert, aber ohne Kopf). Es wäre denkbar, dass in früher Zeit solche Rüfen, von einer bestimmten Stelle aus gesehen, wirklich einer Gemse glichen:  engiad65.JPG

 

Für Reliefs eines Steinbocks oder einer Gemse käme das ganze Gebiet von Splüga bis Grevasalvas in Frage. Ich rate, diese Gegend mit offenen Augen zu begehen, sich dabei in die Mentalität jener frühen Menschen einzufühlen. Die Archäologie ist eine Rekonstruktion des Lebens früherer Zeit. Sie ist ein Paradigma einer pluri-disziplinären Wissenschaft, aber ihre Seele ist die Anthropologie. Wir fragen nach dem Fühlen, Denken, Leben der Menschen in früher Zeit. Wie haben sie ihre Nahrung beschafft? ihre Gemeinschaften organisiert? wie sind sie mit ihren Problemen umgegangen? was haben sie gedacht, gefühlt, gehofft und geglaubt? wie haben sie die Welt gesehen?

 

Am 15. November bekomme ich einen Brief von Frau Greti Büchi. Sie dankt für meine blenio-CD und schreibt unter anderem: Was für eine Fülle an Denkanstössen, ausgelöst durch die Bilder auf Ihrer CD! (…) Die grossen Steine, die der Form von nahen Bergen im Hintergrund Antwort geben und so verblüffende Ähnlichkeit mit ihnen haben, fasziniert mich. (Noch besser: diese Formen gehören alle demselben erratischen Block.) Ich glaube, da sind Sie auf ein bemerkenswertes Phänomen gestossen, dem nachgegangen werden muss. Herzliche Gratulation zu Ihren Beobachtungen. Frau Büchi, Pionierin der Erforschung der Schweizer Alpen in früher Zeit, wird sich über den Block am Aufweg zur Crest’Alta freuen, der sich ebenfalls den umstehenden Bergen angleicht … Dem Brief liegen Fotokopien bei. Eine zeigt und erklärt einen wahrscheinlich aufgestellten Stein bei Splüga, der die gangbare Passage der Klippe markieren soll. Die anderen beziehen sich auf eine vom Gletscher geschliffene Platte bei Buaira oberhalb der Klippe von Splüga, am Weg nach Grevasalvas. Auf der Platte sei eine Gruppe von fünf Schalen zu sehen, eine grössere einzelne Schale, ein Kreuz aus sechs Schalen, und eine menschliche Figur. Das Schalenkreuz und die menschliche (wohl männliche) Figur scheinen mir aus der christlichen Ära zu stammen. Die anderen Schalen, von denen ich allerdings kein Bild habe, dürften älter sein. Es folgen zwei Fotokopien aus dem Brief. Auf einer erklärt Frau Greti Büchi die Felsplatte, auf der anderen zeigt sie das Schalenkreuz und die Figur (beide Fotokopien von mir bearbeitet):  engiad66.GIF  engiad67.GIF

 

 

 

Göttin des Oberengadins, Gott des Bergells

 

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Im Wanderbüchlein zum Bergell, ebenfalls von Kümmerli+Frey, finde ich einen Blick auf das Oberengadin vom Bergell her:  engiad68.JPG

 

Der Abbruch des Oberengadins bei Maloja erinnert mich an den Abbruch des Felsens Nummer 2 gegen die Mitte der Hügelkuppe der Crest’Alta hin:  engiad69.GIF

 

Die dreieckige Schale auf dem Fels Nummer 2 könnte auch als Karte gelesen werden, allerdings in umgekehrter Richtung:  engiad70.GIF

 

Die Längslinien der Schale weisen auf den Vogelhang (gelb) und den Hang des Steinwildes (ocker), dazwischen der See mit seinen vielen Fischen:  engiad71.JPG

 

1962 fand ein Bildhauer namens Giovanni Pedretti bei Pranzaira, in der Nähe von Crot. im Flussbett der Maira / Mera einen ca. 160 cm langen Steinblock, den ein Professor Rogowski aus Braunschweig als Menhir identifizierte. 1977 wurde der Stein von Professor Emanuele Anati aus Capo di Ponte im Valcamonica als Menhir bestätigt. Er weise drei bearbeitete Flächen auf, oben eine Kugel. Auf einer bearbeiteten Fläche seien Zickzacklinien zu sehen, die Wasser symbolisierten. Der Menhir habe ein Alter von 5'500 Jahren.

 

Meiner Meinung nach dürfte er jünger sein – früher wurden viele Gravuren zu alt eingeschätzt, beispielsweise jene vom Tassili N’Ajjer im südöstlichen Algerien –, aber er könnte gut und gern ein Alter von 3’500 Jahren aufweisen. Der Menhir hat eine unverkennbar phallische Form: die von Anati bemerkte Kugel wäre die Eichel, eine wohl in den Stein geschliffene Rinne würde den Übergang zum Schaft markieren. Die Kuppe von Fels Nummer 2 auf der Crest’Alta wäre der gewölbte Bauch der Göttin des Oberengadins, mit der dreieckigen Schale als Nabel; der Menhir von Pranzaira wäre dann wohl dem Gott des Bergells geweiht gewesen. Die folgenden Bilder zeigen den Menhir und den Abguss der Fläche mit den drei längeren und der unten anschliessenden kürzeren Zickzacklinie ungefähr in Gürtelhöhe, beide im Talmuseum Ciäsa Granda in Stampa, Aufnahmen Katharina von Salis, Bearbeitung FG:  engiad72.JPG  engiad73.JPG

 

Mein Schlüssel zum Verständnis früher Symbole: einfach aber komplex. Die dreieckige Schale auf dem Fels Nummer 2 der Crest’Alta wäre ein solches Symbol, zum einen sehr einfach, zum anderen mit viel Bedeutung befrachtet: ein Hinweis auf die Göttin, den Mond, das Oberengadin.

 

Im Menhir vom Bergell hätte die Göttin vom Oberengadin einen Gemahl. Die beiden würden zusammengehören, so wie die beiden Täler geologisch und kulturgeschichtlich zusammengehören.

 

Die Wasser-Thematik begleitet uns vom Bergell mit den Zickzacklinien auf dem Menhir von Pranzaira zu den fischreichen Oberengadiner Seen, dem Fisch-Relief auf der Kuppe des Hügels Crest’Alta, der mit Regenwasser gefüllten dreieckigen Schale auf der Kuppe des Felsens Nummer 2, der Mineralquelle von Surlej, der gefassten Mineralquelle von St. Moritz, und den Heilquellen vom Unterengadin.

 

Im Bergell ist es wärmer als im Oberengadin. Südwestlich des Felsbarriere von Promontogno beginnt das südliche Klima, Soglio befindet sich auf einer Sonnenterrasse, und schon in Castasegna bei der italienischen Grenze ist es das ganze Jahr über zehn Grad wärmer als im Oberengadin. So mochte man den Sommer im Oberengadin verbracht haben, den Winter im Bergell.

 

Die Wintersiedlung könnte sich in der Region von Chiavenna befunden haben, im Mai oder Juni wäre man ins Oberengadin gezogen. In Crot / Pranzaira würde man ein Ritual der Fruchtbarkeit gefeiert haben, die symbolische Vermählung des Gottes vom Bergell und der Göttin vom Oberengadin. Diese Vermählung sollte Fruchtbarkeit erwirken – Fruchtbarkeit für die Menschen, für die Gewässer (Fisch), die Berge (Gemsen, Steinböcke), den Himmel (Vögel, Gestirne, Weiterleben der Verstorbenen im Jenseits).

 

 

 

Soglio

 

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Soglio, auf einer steilen Sonnenterrasse im unteren Bergell gelegen, hat ein atemberaubendes Berg-Panorama aufzuweisen. Das Dorf befindet sich auf einer Höhe von 1190 m. Oberhalb des Dorfes und westlich der beiden Bäche im Lawinenkegel steht ein grosser Schalenstein, Koordinaten 761.120 / 134.670, Höhe 1160 m. Für die Zeit vor 3'500 Jahren ergibt sich eine bemerkenswerte Astronomie. Stand man bei diesem Schalenstein, so ging die Sonne am 21. März und 23. September genau über dem Pizzo Cacciabella auf. Im Winter passierte die Morgensonne eine V-förmige Kerbe zwischen dem Pizzo Trubinasca und den Pizzi dei Vanni, verschwan hinter den Vanni, und ging rechts von ihnen richtig auf. Nach meiner ungefähren Rechnung sollte der oberste Rand der Sonnenscheibe um den 6. Dezember unter der Kerbe verschwunden und um den 5. Januar wieder hervorgekommen sein (die Dauer zwischen den beiden Daten entspräche einer Lunation, aber die Rechnung ist schon sehr provisorisch.) Das mittlere Datum zwischen Verschwinden und Wiedererscheinen wäre der 21. Dezember, Wintersonnwende. So hätte man dank der Kerbe zwischen Trubinasca und Venni die Wintersonnwende bestimmen können. Wie genau das praktisch möglich war, müsste sich an einem Experiment erweisen. Die folgende Aufnahme von Soglio und dem Panorama stammt aus einem Wanderbüchlein des Verlages Kümmerli+Frey, das Bild dürfte in der Nähe des Schalensteines aufgenommen worden sein; Bearbeitung FG:  engiad74.JPG  engiad75.GIF

 

Hier der grosse Schalenstein ob Soglio, Aufnahmen Katharina von Salis; das letzte Bild gegen den Vanni (die auf diesem Bild zu sehenden Löcher seien neuen Ursprungs):  engiad76.JPG  engiad77.JPG  engiad78.JPG  engiad79.JPG

 

Eines der Zeichen auf dem Felsen besteht aus zwei Schalen und einer Rinne, welche von der oberen zur unteren Schale führt und sich maulartig öffnet; Aufnahme Katharina von Salis, Bearbeitung FG:  engiad80.JPG  engiad81.JPG

 

In Falera gibt es ein analoges Symbol auf einer Felsplatte, welches nach Greti Büchi auf die totale Sonnenfinsternis vom 25. Dezember 1089 um 10 Uhr 17 anspielen soll, und das ich als Mondschlange interpretiere, welche die Sonne verschlingt:  falera18.GIF

 

Nach meiner Rekonstruktion des alpinen bronzezeitlichen Kalenders war der 25. Dezember Neujahr:  menhr023.GIF

 

Eine Sonnenfinsternis am Neujahrstag war gewiss ein bedeutendes Ereignis für unsere abergläubigen Vorfahren, deshalb wäre es mit analogen Symbolen auf dem Fels von Falera und dem Schalenstein von Soglio verewigt worden. In Soglio wäre dazugekommen, dass die Sonnenfinsternis vor dem Sonnenaufgang stattfand: es dämmerte, wurde hell, und dann wieder stockdunkel … Auf dem Stein von Falera nimmt das grosse Zeichen die ganze Fläche ein, während es auf dem Stein von Soglio zwischen offenbar ältere Zeichen und Schalen eingepasst wurde. So hätten wir ein Datum für Soglio: vor 1089 BC.

 

Lage des Zeichens auf dem Stein (rot rechts unten); Aufnahme Katharina von Salis, Bearbeitung FG:  engiad82.JPG

 

Eine Rille verbindet 3 oder möglicherweise 4 Schalen und könnte auf eine Konjunktion von drei oder vier Planeten hinweisen, damit allenfalls noch ein Datum liefern; Aufnahme Katharina von Salis, Bearbeitung FG:  engiad83.JPG  engiad84.JPG

 

 

Nach Marie E.P. König waren zwei opponierende Steinböcke das paläolithische Symbol der Wintersonnwende, so in der Höhle von Lascaux:  menhjr89.JPG

 

In Mesopotamien waren es zwei opponierende Ziegen. Mit Phantasie kann man auch in den Hügeln südwestlich von Soglio opponierende Hörner sehen:  engiad85.JPG

 

Vom Schalenstein her sind die „Hörner“ der beiden Hügel besonders schön zu sehen. Sie würden zum einen das alte Symbol der Wintersonnwende in der Landschaft selber symbolisieren, zum anderen die Klimascheide zwischen dem alpinen Klima (angenehm im Sommer) und dem italienischen Klima (angenehm im Winter) bezeichnen:  engiad80.JPG

 

Die Steinböcke paaren sich im Dezember und Januar, so dass die Jungen im warmen Juni zur Welt kommen. Im Sommer steigen die Tiere auf über 2000 m, im Winter kommen sie tiefer herab, und halten sich gern an steilen Sonnenhängen auf, wo der Schnee abrutscht und wegen der Sonne weniger mächtig aufliegt, so dass die Tiere an die Grasnarbe kommen. Die rangelnden Männchen in der winterlichen Paarungszeit mögen der Grund für die opponierenden Hörner als Symbol der Wintersonnwende gewesen sein. Im Winter könnten sich etliche Steinböcke am steilen Sonnenhang über Soglio aufgehalten haben. Die Astronomie des Ortes, die Steinböcke am steilen Sonnenhang über Soglio, und die opponierenden Hügel, welche die Klimascheide markieren, machen aus dem schönen Soglio ein vielversprechendes archäologisches Pendant zum Hügel Crest’Alta bei Silvaplana und Surlej.

 

 

 

Frau Prof. Dr. Katharina von Salis entdeckte den Hügel Crest’Alta für die Archäologie. Das weitere Vorgehen sei ihr überlassen. Hiermit gebe ich meine Arbeit an diesem Thema wieder an sie zurück, immer gern bereit, mit Rat und e-mail beizustehen, wenn es gewünscht sein sollte.

 

 

Zürich, 12. November 2005 bis 11.Januar 2006

 

PS vom Juli 2006: auf der Felskuppe über Isola und Sils Maria vermute ich das Relief eines Vogels, im Bereich des gelben Kreises, am ehesten auf der Kuppe des flachen Felshügels  engiad87.JPG

 

 

 

 

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